Negative Schlagzeilen sind das Letzte, was sich Behördenvertreter wünschen. Die Thurgauer Zeitung erkundigte sich bei Andreas Notter, worauf Behörden bei ihrer Kommunikation achten sollten.
Das nachfolgende Interview von Redaktor Urs Brüschweiler erschien am 31. Dezember 2024 in einer gekürzten Fassung in der Thurgauer Zeitung.
Teilen Sie die Wahrnehmung, dass die Behördenarbeit (in politischen Gemeinden wie in Schulgemeinden) immer anspruchsvoller wird und sich die Konfliktherde mehren, ob intern oder mit der Verwaltung oder Bevölkerung?
Ja, diese Wahrnehmung teile ich. Es hat damit zu tun, dass sich immer weniger Leute informieren und zunehmend desinteressiert sind am demokratischen Prozess. Die schweigende, jüngere Mehrheit überlässt das Feld oft einer kritischen, aktiven, älteren Minderheit. Man verlangt maximale Transparenz, ist aber nicht bereit, sich mit den meist vorhandenen Informationen zu befassen. Lieber streut man Gerüchte und biegt sich seine eigene «Wahrheit» zusammen. Die Autorität und Kompetenz von gewählten Behördenmitgliedern werden von einer steigenden Zahl von Bürgern hinterfragt, wodurch das Vertrauen in die Behörde sinkt. Es ist ein Teufelskreis.
Was sind die Gründe, warum sich Behörden an Sie wenden mit der Bitte um Unterstützung?
Ich erinnere mich an meine Zeit als TZ-Lokalredaktor Mitte der Neunzigerjahre. Als der Bürgler Gemeindeammann zur Pressekonferenz einlud, kamen vier Journalisten von vier Zeitungen. Gerade gegenüber jüngeren Zielgruppen fällt der Kanal «Medienarbeit» heute weg; für eine Tageszeitung geben sie kaum mehr Geld aus. Die Behörden sind gezwungen, ihre Kommunikation als strategische Aufgabe zu betrachten und diese selbst in die Hand zu nehmen.
Boomt das Geschäft derzeit?
Wir bieten Kommunikationsdienstleistungen für KMU und öffentliche Organisationen an. Zurzeit sind es aber vor allem Politische Gemeinden und Schulgemeinden, die anklopfen. Das hat damit zu tun, dass die Kommunikation deutlich komplexer geworden ist: Früher reichte die reine Information, heute verlangen die Bürgerinnen und Bürger Dialog und Partizipation auf allen Kanälen.
Wie können Sie helfen? Welche Empfehlungen können Sie geben, wenn eine Behörde in der Krise steckt?
Es ist schade, wenn man erst in der Krise an die Kommunikation denkt. Plant eine Behörde ihre Kommunikationsarbeit, pflegt sie beispielsweise einen kontinuierlichen Dialog mit ihren wichtigsten Zielgruppen, beugt dies Krisen vor. Die Behörde kennt dann die Sorgen und Nöte und kann darauf reagieren. Ist hingegen Feuer im Dach, hilft oft nur die Flucht nach vorne – etwa durch das Eingestehen von Fehlern und Versäumnissen und der Beteuerung des guten Willens, etwas daran zu ändern.
Oft hat man den Eindruck, dass die Probleme zwischenmenschlicher Art sind und nicht fachlicher Natur. Gerade da dürfte eine geschickte Kommunikationsstrategie wichtig sein.
Letztlich geht es nur um Vertrauen. Und Vertrauen entsteht durch Dialog und Nähe. Behördenmitglieder sind kraft ihrer Funktion gezwungen, jeden Tag über ihren Schatten zu springen und sich auch mit Leuten auszutauschen, die man weniger mag. Behörden-Anliegen finden eher Mehrheiten, wenn die Person an der Spitze das Vertrauen der Leute geniesst.
Sind Behördenmitglieder denn auch lernfähig? Oder tappen sie immer wieder in dieselben Fallen? Charaktere lassen sich doch eh nicht ändern.
Wenn uns eine Behörde oder ein Gemeindepräsident um Rat bittet, bedeutet dies: Man ist bereit, sich den Spiegel vorhalten zu lassen. Oft braucht es in einer kritischen Situation nur sehr wenig, um die Krise abzuwenden. Wenn es gelingt, sind das tolle Erfolgserlebnisse – nicht nur für die Behörde, auch für uns!
Haben Sie drei Gründe/Tipps, damit eine Behörde gut funktioniert?
Aus Kommunikationssicht: Kommunikation immer «mitdenken» und strategisch planen, Direktbetroffene «abholen» / Unterstützer aktivieren sowie fortwährend kommunizieren über Kanäle für verschiedene Zielgruppen.
Haben Sie schon Vorbehalte erlebt, wenn man sieht, dass sich Behörden Hilfe beim Kommunikationsprofi holen? Erstens muss es ja der Steuerzahler bezahlen, obwohl es Aufgabe der Gewählten wäre und zweitens ist es sicher heikel, wenn man sich in politische Prozesse einmischt oder nur schon Einblicke erhält.
An einer Podiumsveranstaltung, die ich moderiert hatte, mutmasste ein Stimmbürger öffentlich über die Höhe meines Honorars. Das muss ich ertragen. Der Schaden für den Steuerzahler ist ungleich höher, wenn es zu Vertrauenskrisen kommt oder ein Bauprojekt auf der Zielgeraden abgelehnt wird. Dann lösen sich jahrelange Planungsarbeit und viel Geld in Luft auf.
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