Kommunikationskrisen können ein Unternehmen in den Ruin stürzen, einer öffentlichen Institution die Glaubwürdigkeit rauben oder Politiker zum Rücktritt zwingen. Wie kann man sich vor plötzlichem Reputationsverlust schützen?

Viele Unternehmen und öffentliche Körperschaften rechnen lieber mit Schönwetter als mit plötzlichen Krisen-Situationen. Daran ist grundsätzlich nichts Verwerfliches. Trotzdem lohnt es sich, «Schlechtwetter-Szenarien» zu entwerfen und sich auf deren Bewältigung vorzubereiten. Wie macht man das?
Wenn Meinungen über Fakten stehen
Zunächst ist es wichtig zu verstehen, wie Krisen entstehen. Ein potenzieller Reputationsschaden einer Organisation wird nämlich nicht nur durch Fakten verursacht, sondern auch in erheblichem Masse durch die Darstellung von Problemen in der Öffentlichkeit und die daraus resultierenden Meinungen. Deshalb kommt der Krisenkommunikation eine entscheidende Rolle zu.
Eine Krise lässt sich generell als ein eingetretenes Risiko definieren, das entweder vorher bereits erkannt oder überhaupt nicht wahrgenommen wurde und damit völlig überraschend eintritt (Töpfer, 2008, S. 357). Plötzliche Unternehmenskrisen können eruptiv, also ohne grosse Vorwarnung und mit hohen negativen Konsequenzen eintreffen (Töpfer, 1999a, S. 16). Krisen können selbstverschuldet (z.B. Veruntreuung) oder fremdverschuldet sein (z.B. Elementar-Ereignis). Die Ereignisse einer Krise versetzen eine Institution in einen Ausnahmezustand, der – je nach Ausmass – den Fortbestand der Institution gefährden kann.
Der griechische Ursprung bezeichnet «Krise» als Übergang zu einer extrem negativen Situation. Im Lateinischen lässt sich der Begriff als Übergang von einer negativen zu einer positiven Entwicklung interpretieren (Herbst, 1999, S. 1). Diese Definition weist dann nicht nur auf die Gefahr und das Risiko einer Krise hin, sondern auch auf die sich ergebenden Chancen (Töpfer, 2002, S. 243).
Wer Krisen also richtig bewältigt, kann daraus sogar einen Reputationsgewinn erzielen. Aber Reihe nach.
Empfehlung Nr. 1: Krisen vermeiden
Fürs erste geht es darum, alles zu tun, um eine Krise zu vermeiden. Nützlichstes Werkzeug dazu bildet ein so genanntes Issues Management (IM). Im Rahmen des IM evaluieren Organisationen kontinuierlich mögliche Konfliktfelder. Die Bewertung von Issues ermöglicht es, vor dem Ausbruch einer Krise die richtigen Massnahmen zu deren Entschärfung zu treffen.
Auch eine sorgfältige Beziehungspflege zu seinen Kernzielgruppen gilt als Präventionsmassnahme. Unternehmen verschaffen sich so einen «Reputationspuffer» beziehungsweise «Vertrauenspuffer», von dem es im Notfall «zehren» kann. Wer es beispielsweise schafft, mit den Schlüssel-Journalisten seiner Branche einen transparenten Dialog zu führen, ist auch für den Krisenfall besser gewappnet als Firmen, die gegenüber Journalisten kritisch eingestellt sind.
Empfehlung Nr. 2: Asche übers Haupt
Ist die Krise eingetreten, so reagiert das Umfeld stark emotional. In dieser irrationalen Stimmung kommt der Reaktion des betroffenen Unternehmens die grösste Bedeutung zu. Krisenkommunikation muss einfühlsam sein! Eine Organisation muss die Bereitschaft signalisieren, alles lückenlos aufzuklären und die nötigen Massnahmen zu treffen. Dabei ist es ratsam, Fehler einzugestehen. Die Stakeholder möchten in einer ersten Kommunikationsphase emotional angesprochen werden. Dies bildet die Voraussetzung, damit in der Folge die Sachebene wieder an Wahrnehmungsfähigkeit und Bedeutung gewinnen kann. Andernfalls überstrahlt die emotionale Ebene die Sachebene auf Dauer (Töpfer, 2008, S. 391).
Empfehlung Nr. 3: Unmittelbare Information
«Man kann nicht nicht kommunizieren», sagte Paul Watzlawick. Dies trifft im Besonderen auf Krisen zu: Ein Unternehmen, das nicht unmittelbar nach Kriseneintritt aktiv informiert, vermittelt Überforderung, Sprachlosigkeit und Schuldgefühl. Abwarten, bis möglichst viele Fakten auf dem Tisch liegen, ist die falsche Strategie. Ein Informations-Vakuum wird von den Medien gerne benützt, um Gerüchte und Hypothesen zu verbreiten. Mit dieser zusätzlichen Emotionalität sprechen die Medien ihre Adressaten noch besser an und schaffen es, den Medienberichten noch höhere Aufmerksamkeit zu schenken, was in der Öffentlichkeit wiederum zu Unsicherheit und Vertrauensverlust führt. Die Informationen haben deshalb zu jeder Zeit so umfassend wie möglich, offen und ehrlich zu sein.
Empfehlung Nr. 4: Szenarien vorbereiten
Es gibt kein Patentrezept für Krisenkommunikation. In jeder Branche lauern unterschiedliche «Issues». Daher lohnt es sich, entlang von «Krisen-Clusters» detaillierte Szenarien zu entwickeln, für die individuelle Präventionsmassnahmen ergriffen werden. Also zum Beispiel für Elementar-Ereignisse, wirtschaftliche Krisen, politische Krisen oder Fehlverhalten des Personals.
Voraussetzung für ein wirksames Zusammenspiel aller internen Beteiligten zur Bewältigung von Krisensituationen ist die Bildung eines Krisenstabes, in dem die Krisenkommunikation ein integraler Bestandteil bildet.
Kommunikationskrisen können ein Unternehmen in den Ruin stürzen, einer öffentlichen Institution die Glaubwürdigkeit rauben oder Politiker zum Rücktritt zwingen. Damit es nicht soweit kommt, bedarf es in jeder Organisation einer fundierten Risikoanalyse, der Entwicklung griffiger Präventionsmassnahmen – und einer Kommunikationsstrategie für den Ernstfall. Und: Wer den Ernstfall vorbildlich meistert, geht nicht selten gestärkt aus einer Krise hervor. Krisenkommunikation: Anpacken, jetzt!
Notter & Notter verfügt über langjährige Expertise in der Krisenkommunikation. Lassen Sie es nicht darauf ankommen und geben Sie die Ihre Kommunikationsarbeit in professionelle Hände. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
Lieber Andreas, ich bin eigentlich nur darauf gekommen, weil der Focus in Europa immer nur auf dem "Aussen" liegt und das "Innen" vernachlässigt wird. Wenn es innen nicht richtig funktioniert, kann es nach aussen auch nicht richtig funktionieren. Diese Erkenntnis ist eigentlich schon "uralt", wird aber immer wieder viel zu wenig berücksichtigt. Im angloamerikanischen Raum legt man den Focus vermehrt gleichwertig nach innen und nach aussen.
Lieber Emil, herzlichen Dank für deinen Input, der natürlich absolut richtig ist. Mein Beitrag bezieht sich natürlich auf einen erstrebenswerten Idealzustand. Nicht selten verhindern beratungsresistente Chefs aus mangelndem Vertrauen in die Expertise ihrer Fachleute gute Kommunikationsarbeit. Und dass es Dinge gibt, die sich weder voraussehen noch steuern lassen, hat wohl jeder Kommunikationsverantwortliche schon erlebt. Ein hübsches Beispiel aus meiner Tätigkeit am Bundesverwaltungsgericht ist diese Story:
https://www.blick.ch/news/schweiz/ostschweiz/heisse-geruechte-am-hohen-gericht-sex-im-ruheraum-id7525067.html
https://www.20min.ch/schweiz/news/story/Hatten-St--Galler-Richter-Sex-im-Ruheraum--31183575?httpsredirect
Das wäre eigentlich das richtige Vorgehen. Ein relativ häufiger Fall ist darin aber nicht enthalten. Es gibt Situationen und Vorfälle, die sind nicht gerade koscher und unangenehm. Sie erscheinen mehr als Bagatellen und sie verlocken zur Versuchung, diese unter den Teppich zu kehren. Nennen wir sie einmal "aussergewöhnliche Kommunikationssituationen". Die Meinung, diesen Vorfall sollte niemand erfahren ist immer noch breit vorhanden. Aber etwas hat sich geändert. Mit den heutigen Kommunikationsmöglichkeiten gibt es immer Leute, die es schaffen, unter jeden Teppich schauen, da auch einiges finden und als selbsternannte Weltverbesserer diesen Fund auch breit streuen, am liebsten über Massenmedien wie Blick und 20Min oder soziale Medien. Da wird aus einer aussergewöhnlichen Kommunikationssituation schnell eine Krise und zwar eine selbstverschuldete. Diesen Fall…